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Die Namen bürgerlicher Familien haben sich ab dem Hochmittelalter
weitgehend aus Berufs-, Amts- und Standesbezeichnungen sowie
nach der Herkunft, aus Wohnstätten und Flurnamen entwickelt.
Der Familienname Zinkgräf mit seinen verschiedenen Schreibweisen
geht nach heutiger Auffassung auf das Amt bzw. den Beruf des
Zentgrafen zurück. Dieser war – nicht adliger – Vorsteher
der Zent, d. h. einer Hundertschaft (centum, lat. = hundert)
von Ortschaften bzw. Gemeinden, für die er die niedere Gerichtsbarkeit
ausübte, wobei die Amtsgewalt ebenso wie die Einsetzung
des Zentgrafen im Laufe der Jahrhunderte sich gewandelt hat.
Mit dieser Definition ist eine klare Abgrenzung etwa zur Vorstellung
gegeben, wonach der Stamm des Namens auf "Zehnt" zurück
zu führen sei, d. h. auf denjenigen, der im Auftrag des
Grundherrn den "Zehnten" zu erheben hatte.
Das Zahlenverhältnis (ein Zentgraf auf hundert Ortschaften)
erklärt die relative Seltenheit dieses Berufsbildes gegenüber
bodenstän-digen Berufen wie Bäcker, Müller, Schmied
(mindestens ein Berufsvertreter je Ortschaft) und damit auch
die Seltenheit des Namens.
Die Existenz verschiedener Zentgrafen
im deutschsprachigen Raum macht außerdem plausibel, dass
an ganz unterschiedlichen Orten die Berufsbezeichnung auf die
Person übertragen wurde - aus "Michael der Zentgraf" wurde
im Laufe der Zeit "Michael Zentgraf" -, ohne dass
diese Zentgrafen verwandtschaftlich miteinander verbunden gewesen
wären.
Literatur:
Bahlow, Hans, Deutsches Namenlexikon, Frankfurt am Main 1972
Brechenmacher, Josef K., Etymologisches Wörterbuch der Deutschen
Familiennamen, Limburg/Lahn
Duden Familiennamen - Herkunft und Bedeutung -, Bibliographisches
Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim 2005
Nied, Edmund, Fränkische Familiennamen, Heidelberg 1933,
Carl Winters Universitätsbuchhandlung
Pott, August F., Die Personen- und Familiennamen und ihre Entstehungsarten,
Leipzig 1853 S. 273
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